Die Vorgänge um die "illegalen Betten" sind, soweit ersichtlich, nirgends im Zusammenhang dokumentiert. Die Darstellung aus meiner damaligen Web-Seite sei daher hier unverändert wiedergegeben.
Einzelheiten wirken im Tourismusrecht La Palmas und der gesamten Kanaren bis heute fort.
Der brisante Fall, der auf La Palma heftigste Diskussionen um die sog. illegalen Betten ausgelöst hat, ist mit der Darstellung unten juristisch hinreichend ausgeleuchtet.
Ich schließe diese Betrachtung daher ab mit dem Dank an alle Betroffenen und Leser für die positive Resonanz, sowie mit einem persönlichen Resümee:
Die privaten Kleinstvermieter auf den Kanaren sind an der Zahl viele, aber keine geschlossen agierende Einheit. Wer sich berufen fühlt, eine Interessenvertretung zu etablieren, den möchte ich ausdrücklich dazu ermuntern.
Die Thematik der touristischen Vermietung und das Tourismusrecht allgemein setzte ich unter „Canarias Tourismusrecht“ mit einzelnen Beiträgen weiter fort.
Der brisante Fall
Im Jahr 2007 konnten sich touristische Vermieter, die keine Vermietungserlaubnis hatten, beim Cabildo unter bestimmten Voraussetzungen in eine Liste eintragen lassen und sich so einen gewissen Bestandsschutz für ihre Vermietungstätigkeit sichern. Die Vermietungserlaubnis hätte sodann unter erleichterten Voraussetzungen beantragt werden können. Die zugrunde liegende Rechtsnorm (Norma 23) im Plan Territorial Especial de Ordenación de la Actividad Turística de la Isla La Palma (PTET) wurde dann aber gerichtlich für unwirksam erklärt und aufgehoben.
Das Cabildo hat die Liste mit knapp 450 Vermieternamen und einer Kapazität von 3.625 Betten damals veröffentlicht.
Ein offenbar frustrierter Bauunternehmer aus Los Llanos, Don Eloy Armas Simon, hat nun sämtliche Personen auf der Liste beim Gobierno de Canarias wegen fehlender Vermietungserlaubnisse angezeigt. Die Regierung, Consejería de Turismo, Amt für Ordnungswidrigkeiten, fordert nun offenbar sämtliche Vermieter auf der Liste auf, binnen einer Frist von 15 Tagen, die Vermietungserlaubnis beizubringen, andernfalls ein Bußgeld in Aussicht gestellt wird.
Eine Erlaubnis lässt sich nicht innerhalb von 15 Tagen bekommen, insbesondere nicht in Spanien. Die Regierung könnte daher in allen Fällen ein förmliches Bußgeldverfahren einleiten. Das Gesetz (Ley 7/1995, de 6 de abril, de Ordenación del Turismo de Canarias) qualifiziert die Vermietung ohne entsprechende Erlaubnis als grobe Ordnungswidrigkeit mit entsprechend hohen möglichen Bußgeldern.
Selbst im Cabildo herrscht Unsicherheit, wie sich die Betroffenen verhalten sollen. Die Ratschläge reichen von Nichtstun bis Widerspruch, Einstellen sämtlicher Vermietung u. s. w.
Im Folgenden beantworte ich allgemeine Fragen zum Thema. Wenn Sie darüber hinaus konkreten Bedarf an anwaltlicher Beratung oder Vertretung haben, gehen Sie bitte einfach auf „Ihre Anfrage“. Dies ist für Sie unverbindlich und kostenfrei.
Ja. Jedermann darf sich an die Behörden wenden und ihnen Sachverhalte zur Kenntnis bringen, die er für ordnungswidrig hält.
Ja. Die Behörde hat kein Ermessen. Sie muß feststellen, ob hinreichende Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des Sachverhalts vorliegen. Wenn ja, ist sie verpflichtet, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten.
Im vorliegenden Fall hat es die Behörde einfach. Die Vermietung ohne Erlaubnis ergibt sich aus der Liste des Cabildo. Da die Betroffenen zwischenzeitlich über eine Genehmigung verfügen könnten, ist es folgerichtig, wenn die Behörde sie zunächst nur auffordert, eine Genehmigung vorzulegen.
Die Behörde darf eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle in einem Sammelbescheid zusammen fassen und diesen öffentlich zustellen.
Bedenken bestehen, dass dies in Form einer Liste geschah, in der Einzeldaten miteinander verknüpft waren, wie hier also Name, Vorname, Straße, Ort, Bettenzahl. Hier liegt ein Verstoß gegen das Spanische Datenschutzgesetz (Ley Orgánica 15/1999, de 13 de diciembre, de Protección de Datos de Carácter Personal) zumindest nahe.
In diesem Fall wäre zu überlegen, ob aus einer etwa rechtswidrigen Datengewinnung durch das Gobierno ein Datenverwertungsverbot folgt. Dies kann jedoch offen bleiben, wenn das Gobierno die Daten ohne weiteres auch auf rechtmäßige Weise hätte erlangen können.
Das Datenschutzgesetz bezweckt nicht, dass die Liste vor dem Gobierno geheim bleibt. Auch das Cabildo hätte die Liste zur Verfolgung etwaiger Ordnungswidrigkeiten ohne weiteres dem Gobierno vorlegen dürfen.
Das Gesetz (Ley 7/1995) wurde nach dem Entstehen der besagten Liste grundlegend modifiziert (durch Ley 14/2009, de 30 de diciembre, por la que se modifica la ley 7/1995, de 6 de abril, de Ordenación del Turismo de Canarias).
Nach der neuen Fassung des Ley 7/1995 sind gemäß Art. 24 Nr. 1 Absatz 1 die Errichtung, Erweiterung, Wiederinbetriebnahme und Umgestaltung touristischer Beherbergungsbetriebe nunmehr erlaubnisfrei. Eine spezielle Vermietungserlaubnis ist (zunächst einmal) nicht einzuholen. Die Baugenehmigung (licencia urbanística) für das Gebäude oder die Nutzungsänderung bleibt unberührt.
Ausnahmsweise (Art. 24 Nr. 2 Absatz 1 Ley 7/1995) benötigt man die Vermietungserlaubnis aber doch für die Errichtung, Erweiterung, Wiederinbetriebnahme, Umgestaltung und Eröffnung eines touristischen Beherbergungsbetriebes, und zwar dort, wo die Schaffung eines neuen Angebots touristischer Betten durch Gesetz oder Rechtsverordnung Beschränkungen unterworfen ist und die örtliche Territorialplanung diese Beschränkungen aufgenommen hat. Und genau das ist auf La Palma der Fall.
Gesetz in diesem Sinn ist das Ley 6/2002, de 12 de junio, sobre Medidas de Ordenación Territorial de la Actividad Turística en las Islas de El Hierro, La Gomera y La Palma. Es ermächtigt die Inselregierung, in der Territorialplanung Beschränkungen in Bezug auf neue Bettenkapazitäten fest zu setzen (etwa in Art. 4 c). Die Inselregierung hat von dieser Beschränkungsmöglichkeit in ihrer Territorialplanung Gebrauch gemacht und zwar im Plan Territorial Especial de Ordenación de la Actividad Turística de la Isla La Palma (PTET). Er äußert sich umfangreich zur Bettenzahl und ihrer Verteilung auf der Insel. Für die Kanaren insgesamt gilt Ley 6/2009, de 6 de mayo.
Damit benötigt man für die touristische Vermietung zwar ausnahmsweise, aber trotzdem weiterhin und in jedem Fall eine Vermietungserlaubnis.
Dies ist unklar. Das Gesetz ist an dieser Stelle auslegungsbedürftig. Folgende Möglichkeiten sind denkbar:
- Der Gesetzgeber war der Meinung, der Begriff „Eröffnung“ erfasse nur die neu eröffneten Vermietungstätigkeiten. Die bestehende Vermietung wäre dann erlaubnisfrei.
- Er war der Meinung, der Begriff „Eröffnung“ erfasse alle irgendwann einmal eröffneten Vermietungstätigkeiten. Die bestehende Vermietung wäre dann erlaubnispflichtig.
- Er hat schlicht vergessen, die Thematik zu regeln. Die bestehende Vermietung wäre dann erlaubnisfrei, denn Erlaubnisfreiheit ist der Grundsatz, Erlaubnispflicht die Ausnahme.
Die einzige Übergangsregelung im Ley 7/1995 spricht davon, dass Verwaltungsverfahren über die Erlaubniserteilung, die bei In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neufassung im Gange waren, zu beenden und abzuschließen sind. Sie sind also nicht etwa unter veränderten rechtlichen Gesichtpunkten fort zu setzen. Tatsachenfeststellungen aus diesen Altverfahren sind zwar aufzubewahren für im Einzelnen genannte Zwecke, aber eben nicht für ein Erlaubniserteilungsverfahren nach Art. 24 Nr. 2 Ley 7/1995.
Für betroffene Vermieter, die vom Gobierno zur Vorlage einer Erlaubnis aufgefordert wurden, eröffnet sich hier eine gut vertretbare Argumentation dahin, dass eine Erlaubnis nach der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr erforderlich ist.
Soweit ersichtlich, spielt dies im Verfahren der Erlaubniserteilung keine Rolle. Anders verhält es sich mit dem Plan Insular de Ordenación de La Palma (PIO). Er wurde am 23. April 2010 erst vorläufig verabschiedet. Er ist damit noch nicht in Kraft. Agumentativ könnte dies gegenüber dem Gobierno wie folgt verwendet werden: Die Vermietungserlaubnis wird gemäß Art. 21 Nr. 1 Decreto 10/2001, de 22 de enero, por el que se regulan los estándares turísticos nur erteilt, wenn die Vereinbarkeit der Vermietung mit den Regelungen des PIO feststeht. Dazu müsste er jedoch zuerst in Kraft getreten sein.
Nein. Es kommt nicht darauf an, daß man mitunter schon vor vielen Jahren mit der Vermietung begonnen hat. Vermietung ist ein Dauerzustand. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Vermietung eingestellt wird.
Wer die Voraussetzungen für eine Vermietungserlaubnis erfüllt, kann sie beantragen und damit einem etwaigen Ordungswidrigkeitenverfahren auf jeden Fall die Grundlage entziehen. Nach gegenwärtiger Erkenntnis ist dem Antrag ein proyecto técnico eines Architekten beizufügen. Insoweit stellt sich die Kostenfrage. Beim Gobierno müßte ergänzend um Fristverlängerung für die Anfertigung und Einreichung des Antrages nachgesucht werden. Sobald der Antrag eingereicht ist, müßte beim Gobierno die Aussetzung des Verfahrens beantragt werden, bis die Genehmigungsbehörde entschieden hat.
Die Voraussetzungen, die hier aufgestellt werden, sind so hoch, daß sie potenzielle Vermieter daran hindern könnten, eine Vermietungserlaubnis zu beantragen. Dies widerspricht der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie.
Spanien hat diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt durch das Gesetz über den freien Zugang zu Dienstleistungen und deren Ausübung (Ley 17/2009, de 23 de noviembre, sobre el libre acceso a las actividades de servicios y su ejercicio). Dieses Gesetz statuiert die grundsätzliche Erlaubnisfreiheit jeder Dienstleistung und untersagt es spanischen Behörden, den Erbringern von Dienstleistungen andere als die im Gesetz selbst vorgesehenen Beschränkungen aufzuerlegen. Das Cabildo müßte seine Informationsschrift vor dem Hintergrund des Ley 17/2009 neu und mit niedrigeren Anforderungen formulieren. Eine Stellungnahme des Cabildo konnte ich dazu bisher nicht erhalten.
Das Cabildo von La Palma hat seine Antragsformulare und Ausfüllhinweise inzwischen überarbeitet.
Das Cabildo darf einen unvollständigen Antrag nicht sogleich zurückweisen. Es muß den Antragsteller auffordern, fehlende Unterlagen nachzureichen. Dies verschafft jedenfalls Zeit.
Gegenüber dem Gobierno kann sodann nachgewiesen werden, daß die Vermietungserlaubnis jedenfalls beantragt wurde.
Nein. Der Grundsatz ist, daß sog. vorgreifliche Fragen (cuestiones incidentales) nicht zur Aussetzung eines Verfahrens führen.
Im Prinzip ja. Die Frage ist nur, wann. Um den Prozeß der politischen Meinungsbildung anzuschieben, habe ich den Sachverhalt dem spanischen Ombudsmann, dem Diputado del Común, vorgetragen. Es wäre sinnvoll, wenn möglichst viele der Betroffenen diesem Beispiel folgen.
Presseberichten vom 15.06.2010 zufolge hat sich Frau Regierungspräsidentin Guadalupe González Taño (Cabildo) mit Frau Tourismusministerin Rita Martín (Gobierno) getroffen und angeregt, das Gobierno möge die Problematik durch ergänzende gesetzliche Regelungen lösen. Von Seiten des Cabildo hieß es sodann, hierauf ruhe die Hoffnung der Betroffenen und man sei zuversichtlich, daß es zu einer effektiven und schnellen Lösung käme. Das Gobierno hat sich, soweit ersichtlich, dazu noch nicht geäußert. Es war jedoch zu lesen, daß es auf die Ordnungswidrigkeitenanzeige des Herrn Eloy Armas Simon hin das Verfahren ganz besonders pflichtbewußt angegangen ist und Kontrolleure nach La Palma entsandt hat. Das Gobierno hätte davon rechtlich auch absehen können.
Man hofft also auf eine Lösung von Seiten des Gobierno, während dieses das Ordnungswidrigkeitenverfahren sichtlich mit Elan durchzieht.
Verursacher des Dilemmas sind das Gobierno und das Cabildo. Seit Überführung der Europäischen Dientleistungsrichtlinie in innerspanisches Recht durch das Ley 17/2009 ist die Vermietung grundsätzlich erlaubnisfrei. Ausnahmsweise darf sie Beschränkungen unterworfen werden, die sich aus dem Überführungsgesetz selbst ergeben. Nur insoweit und ausnahmsweise erfordert die Vermietung eine Erlaubnis. Sowohl das Gobierno wie das Cabildo nutzen diese Ausnahmeregelung, um durch Gesetz und PTET die Bettenzahl auf der Insel zu kontrollieren. Das Cabildo war bisher nicht in der Lage, die gesetzliche Neuregelung in einem transparenten Verfahren verwaltungstechnisch umzusetzen. Das Gobierno zeigt außer einer strengen Handhabung der Ordnungswidrigkeitenvorschriften keine Reaktion. Der Bürger steht zwischen beiden und wird zerrieben.
Das politisch zu kommentieren, ist jedoch nicht Sinn dieses juristischen Forums.
Tendenziell ist es vorteilhafter, frühzeitig zu versuchen, auf die rechtliche Meinungsbildung der Ordnungswidrigkeitenbehörde einzuwirken und die Eröffnung eines förmlichen Ordnungswidrigkeitenverfahrens zu verhindern. Doch auch nach dessen Eröffnung hat der Betroffenen Gelegenheit, seine Einwendungen vorzutragen (trámite de audiencia). Dieses Verfahrensrecht verliert er nicht, auch wenn er im Vorfeld untätig bleibt.
Die gesetzliche Neuregelung (Ley 14/2009) klassifiziert die Vermietung ohne die nötige Erlaubnis als „sehr schwere“ Ordnungswidrigkeit. Bußen für sehr schwere Ordnungswidrigkeiten können sein:
- Geldbußen (= Regelfall)
- Zeitlich befristete Vermietungsverbote
- Betriebseinstellungen
Der gesetzlich vorgesehene Bußgeldrahmen bei als „sehr schwer“ klassifizierten Ordnungswidrigkeiten liegt zwischen € 30.001 und € 300.000 (Sie haben richtig gelesen: dreißigtausendeins und dreihunderttausend). Die konkrete Höhe wird mittels Bemessungskriterien (wie soziale Tragweite, illegaler Gewinn, Art und Weise der Begehung, Nachhaltigkeit u.s.w.) von der Behörde festgelegt.
Aufgrund der unklaren Rechtslage und der extrem hohen möglichen Bußgelder wäre das zu überlegen. Stellt sich nachträglich heraus, daß eine Vermietungserlaubnis nicht nötig war, sind Amtshaftungsansprüche wegen entgangenen Vermietungsgewinns gegen die öffentliche Verwaltung zwar denkbar, aber eher theoretisch.
Die Vermietung in der Vergangenheit bis zur Einstellung kann als Ordnungswidrigkeit weiter verfolgt werden.
Vorab sollte man sich den Verfahrensablauf vergegenwärtigen.
Dem Gobierno wurde ein Sachverhalt zur Kenntnis gebracht, der möglicherweise den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt, hier also die Vermietung ohne Erlaubnis. Ist der Sachverhalt nicht von vornherein offenkundig haltlos, muß das Gobierno ihm nachgehen und ggf. weitere Ermittlungen (actividades previas) anstellen. Das Gobierno macht dies gegenwärtig, indem es die Personen auf der Liste auffordert, die Erlaubnis vorzulegen. Wenn das Gobierno aufgrund seiner Ermittlungen zur Ansicht gelangt, eine Ordnungswidrigkeit sei hinreichend wahrscheinlich, muß es ein förmliches Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten. Es hat kein Ermessen.
In diesem Verfahrensstadium besteht die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben und das Gobierno zu überzeugen, daß, obwohl keine Genehmigung vorgelegt werden kann, eine Ordnungswidrigkeit eben nicht hinreichend wahrscheinlich ist und das Verfahren eingestellt werden muß. Es spricht einiges dafür, diese Möglichkeit zu nutzen. Untätig zu bleiben, erscheint weniger ratsam.
Es besteht keine Zeit, auf eine politische Lösung zu warten. Die 15-Tages-Fristen, die das Gobierno setzt, laufen. Zweckmäßigerweise erfolgt die Argumentation auf rechtlicher Ebene. Ansätze dafür sind oben dargestellt.
Die Verlautbarungen dazu sind äußerst vage. Dem Vernehmen nach soll es „Qualitätsstandards“ enthalten. Das würde noch keine Legalisierung der Vermietung bedeuten. Gedacht ist offenbar: Wer diese Qualitätsstandards erfüllt, bekommt auf Antrag eine Vermietungserlaubnis.
Die Europäische und Ende 2009/Anfang 2010 auch die staatliche spanische Gesetzgebung haben die Erlaubnisfreiheit als Grundsatz und die Erlaubnispflicht als Ausnahme festgesetzt. Der kanarische Gesetzgeber will, wie es gegenwärtig scheint, den Grundsatz der Erlaubnisfreiheit nicht übernehmen, sondern die Vermietung weiterhin der Erlaubnispflicht unterwerfen. Er stellt dazu Qualitätsstandards, also Zulassungshürden, auf. Wenn bisher gesagt wurde, durch dieses Gesetz sollten die illegalen Betten legalisiert werden, träfe das nur zu, wenn die Zulassungshürden so niedrig gehalten werden, daß sie jeder der Betroffenen leicht erfüllen kann. Man wird dies abwarten müssen.
Rechtstechnisch dürfte es sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine Rechtsverordnung des Gobierno handeln.
Im Amtsblatt der Kanaren (BOC Nr. 193 vom 29.09.2010; Seite 25202 ff) ist eine Entscheidung der zuständigen Ordnungswidrigkeitenbehörde (Consejería de Turísmo) veröffentlicht betreffend einen Hotelbetreiber auf Gran Canaria, der legal 176 Einheiten und illegal weitere 118 Einheiten vermietet hatte. Für die Kleinvermieter auf La Palma ist dies insofern bedeutsam, als die Behörde hier auf mehreren Seiten ausführlich zu Art. 24 Abs. 2 Ley 7/1995 Stellung nimmt.
Die Behörde vertritt einen sehr restriktiven Standpunkt. Sie widerspricht der oben unter 5. dargestellten vermieterfreundlichen Auslegung und betont, daß die touristische Vermietung vor und nach der Gesetzesänderung ihrer Ansicht nach stets erlaubnispflichtig war und ist.
Im Amtsblatt (BOC Nr. 204 vom 15.10.2010, Seite 26389 ff) wurde ferner die vom Gobierno angekündigte Rechtsverordnung veröffentlicht (Decreto 142/2010, de 4 de octubre, por el que se aprueba el Reglamento de Actividad Turística de Alojamiento y se modifica el Decreto 10/2001, de 22 de enero, por el que se regulan los estándares turísticos).
Es handelt sich um eine sogenannte Ausführungsverordnung. Sie präzisiert die gesetzlichen Regelungen im Ley 7/1995 und regelt touristische Beherbergungsaktivitäten auf den Kanaren umfassend neu. Auch Decretos haben Gesetzeskraft.
Beherbergungsbetriebe wurden neu klassifiziert in zwei übergeordnete Gruppen (modalidad hotelera; modalidad extrahotelera), von denen jede in Typen unterteilt ist (hotelera: hotel; hotel urbano; hotel emblemático; hotel rural; extrahotelera: apartamento; villa; casa emblemática; casa rural).
Die Anforderungen, die jeder Typ erfüllen muß, wurden neu festgelegt, sei es, daß bisher geltende Anforderungen aufgehoben oder neue Anforderungen geschaffen wurden.
Ziel des Gobierno war, mit dem Decreto 142/2010 u. a. die sogenannten illegalen Betten zu legalisieren. Das Gobierno hat sich entschieden, dieses Ziel dadurch zu erreichen, daß Beherbergungsbetriebe, die bei In-Kraft-Treten des Decreto 142/2010 am 16.10.2010 bestanden, von einigen Anforderungen befreit sind. Vermietungserlaubnisse sind also insoweit unter erleichterten Voraussetzungen zu bekommen.
Der Genehmigungspflicht unterliegt die Errichtung, Erweiterung, Wiederinbetriebnahme, Umgestaltung und Eröffnung eines touristischen Beherbergungsbetriebes (Art. 24 Nr. 2 Absatz 1 Ley 7/1995). Touristische Beherbergungsdienste leistet jeder, der auf dem freien Markt gegen Entgelt den zeitlich begrenzten Aufenthalt in einer Unterkunft anbietet, ohne daß ein Wohnsitz begründet wird (Art. 31 Ley 7/1995). Im Sinne des Gesetzes ist daher jede Vermietung touristisch, bei der diese genannten Voraussetzungen vorliegen. Der Zweck des Aufenthaltes (Erholung, Urlaub, Geschäfte, berufliche Gründe) ist kein gesetzliches Kriterium. Mit erfaßt sind demnach auch Vermietungen an Geschäftsreisende, Arbeiter auf Montage oder überwinternde Langzeiturlauber.
Die Grenze zwischen touristischer und anderer/allgemeiner/nicht-touristischer Vermietung zieht das Gesetz (Art. 42.1 b Ley 7/1995) bei der Vermietung nach dem allgemeinen Mietrecht des Código Civil und des Ley de Arrendamientos Urbanos (LAU). Das allgemeine Mietrecht ist zweifellos anwendbar, wenn ein Wohnsitz begründet werden soll. Allerdings kennt das allgemeine Mietrecht auch befristete Mietverhältnisse für kurze Dauer und ohne Begründung eines Wohnsitzes.
Für die Abgrenzung zur touristischen Vermietung wird zum einen versucht, eine zeitliche Grenze festzulegen, etwa 6 Monate oder ein Jahr. Ist das Mietverhältnis kürzer, soll es sich um eine erlaubnispflichtige touristische Vermietung handeln. Ist es länger, soll es dem LAU unterfallen und erlaubnisfrei sein.
Die Rechtsprechung jedoch sieht die Befristung nicht streng zeitlich, sondern als Zweckbefristung. Wird das Mietverhältnis zu einem bestimmten Zweck abgeschlossen, der nach einer gewissen Zeit erreicht ist, ist das Mietverhältnis bis zur Zweckerreichung befristet. Die Zwecke können beliebiger und damit auch touristischer Art sein.
In Fall touristischer Zwecke wird man den Konflikt zwischen dem Ley 7/1995 und dem allgemeinen Mietrecht wohl dahin lösen müssen, daß die Regeln über die touristische Vermietung im Ley 7/1995 als Spezialgesetz Vorrang haben.
Im Ergebnis kann man daher nicht „nicht-touristisch“ vermieten, zumindest nicht an den klassischen Touristen.
Daß das Ley 7/1995 entgegen der durchgehenden Rechtsprechung nicht auch auf den Mietzweck abstellt (d. h. touristische Vermietung nur, wenn Urlaub und Erholung bezweckt ist), sondern alle befristeten Mietverhältnisse als touristisch behandelt, halte ich für zu weit gehend und von der Gesetzgebungskompetenz der Kanaren für nicht mehr gedeckt. Doch wer vermietet schon ausschließlich an Geschäftsreisende oder Arbeiter auf Montage. Und den klassischen Touristen im Mietvertrag zum Nicht-Touristen/Geschäftsreisenden/Arbeiter auf Montage u.s.w. um zu etikettieren, dürfte nicht praxisrelevant sein. Als offensichtliches Umgehungsgeschäft wäre dies zudem rechtlich unbeachtlich.
Der volle Name lautet Decreto 232/2010, de 11 de noviembre, por el que se establece el régimen aplicable en las islas El Hierro, La Gomera y La Palma a los establecimientos turísticos de alojamiento en suelo rústico. Zu dessen Verständnis muß man vorab zwei Gesetze betrachten:
Bereits im Ley 6/2002 (sobre medidas de ordenación territorial de la actividad turística en las islas de El Hierro, La Gomera y La Palma, Art. 7 Abs. 2) wurde für die genannten Inseln ein extra Typ geschaffen: der touristische Beherbergungsbetrieb in ländlicher Umgebung („establecimiento turístico de alojamiento en medio rural“). Unter diesen Typ fielen etwa Häuser des turismo rural und vergleichbare jüngere Objekte, die für einen nachhaltigen Tourismus im Einklang mit den natürlichen Ressourcen der drei Inseln standen.
Ley 14/2009 (por el que se modifica la Ley 7/1995 de ordenación del del turismo de Canarias, Disposición Adicional Tercera) bestimmt, daß Häuser auf suelo rústico unter bestimmten Voraussetzungen als „establecimiento turístico de alojamiento en medio rural“ behandelt werden können, wenn dies durch Verordnung bestimmt wird. Die Voraussetzungen sind:
- frei stehendes Gebäude
- auf den Inseln El Hierro, La Gomera oder La Palma
- auf suelo rústico asentamiento rural oder asentamiento agrícola
- ununterbrochene touristische Nutzung seit mindestens 06.01.2005
Mit dem Decreto 232/2010 liegt diese erwähnte Verordnung nun vor. Hiernach können nun Häuser, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, auf Antrag als „establecimiento turístico de alojamiento en medio rural“ behandelt und dann als casa rural oder hotel rural (s. neue Typologie, oben unter 20.) eingestuft werden.
Der Hintergrund ist Folgender: Hotel rural und casa rural haben von allen Typen ohnehin schon die niedrigsten Standards zu erfüllen. Darüber hinaus bestimmt das Decreto 232/2010, daß für die so umgestuften Häuser auch die Verordnung über die Regelung touristischer Standards (Decreto 10/2001) nicht gilt.
Die umgestuften Häuser werden also in erheblichem Umfang privilegiert. Grund ist, daß diese Häuser den nachhaltigen, ressourcenschonenden Tourismus repräsentieren, der für die Inseln El Hierro, La Gomera und La Palma politisch angestrebt wird.
Vermieter ohne Vermietungserlaubnis, deren Häuser die genannten Voraussetzungen erfüllen, können die Vermietungserlaubnis daher unter nochmals gesenkten Voraussetzungen beantragen.
Praktische Erfahrungen mit der neuen Rechtslage gibt es, soweit ersichtlich, noch nicht. Wie die neuen Vorschriften in der Verwaltungspraxis umgesetzt werden, ist momentan offen. Formulare und Ausfüllhinweise fehlen. Es herrscht Unsicherheit vor.
Das Decreto 142/2010 bestimmt in seiner zweiten Übergangsregelung (Disposición Transitoria Segunda), dass Einrichtungen, die bei In-Kraft-Treten des Decreto schon bestanden, binnen einer Frist von drei Jahren an die Vorgaben des Decreto anzupassen sind.
Diese Anpassungsfrist schließt aus, dass in dieser Zeit Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet werden.
Das Gobierno ließ in der Presse verlauten, dass es die Zahl seiner Inspektoren aufstockt. Nach Ablauf der Anpassungsfrist dürfte die Tendenz daher sein, ungenehmigte Vermietungen zu eliminieren.
Tourismusgenehmigungen werden hier nur ausnahmsweise erteilt für Änderungen an bestehenden Betrieben und sonstigen im Gesetz einzeln aufgelisteten Fällen (Art. 16.1 Ley 6/2009, de 6 de mayo, de medidas urgentes en materia de ordenación territorial para la dinamización sectorial y ordenación del turismo).
Erstgenehmigungen werden nicht erteilt, sog. Moratorium.
Das Moratorium war zunächst auf zwei Jahre, bis 12.05.2011, befristet. Eine gesetzliche Öffnungsklausel ermächtigt das Gobierno jedoch zur Fristverlängerung. Mit Decreto 91/2011 (por el que se modifican los límites para el otorgamiento de autorizaciones previas previstas en la Ley Canarias 7/1995, de Ordenación del Turismo, para los establecimientos alojativos turísticos, en el ejercicio de la habilitación legal establecida en el art.16.3 de la Ley 6/2009, de medidas urgentes en materia de ordenación territorial para la dinamización sectorial y la ordenación del turismo, BOCANA vom 28.04.2011) hat das Gobierno davon Gebrauch gemacht und das Moratorium bis 12.05.2012 verlängert.
Private Kleinstvermieter machen dem äußeren Erscheinungsbild nach nichts anderes als Großvermieter: Sie bieten Touristen gegen Entgelt Unterkunft. Deshalb unterliegen sie gleichermaßen dem Genehmigungserfordernis.
Dies kann im Einzelfall als ungerecht empfunden werden.
Auf Antrag kann die Behörde jedoch eine Bestätigung erteilen, dass für eine Vermietungstätigkeit ausnahmsweise keine Tourismusgenehmigung benötigt wird (Negativattest). Dabei sind folgenden Kriterien bedeutsam:
- Das Vermietungsobjekt liegt in einem Gebiet, das nicht vorrangig touristisch geprägt ist.
- Sinn und Zweck der Vermietungsaktivität und die Zielgruppe.
- Das Objekt wird nicht auf touristischen Plattformen angeboten.
Zu denken wäre also an den Eigentümer eines Häuschens in einer Gemeinde, deren Hauptwirtschaftsfaktor etwa die Landwirtschaft ist, der das Objekt jedenfalls im Urlaub selbst nutzt und nur zeitweise vermietet, damit nicht der Eindruck entsteht, es sei verlassen.
Rechtsgrundlagen, Zuständigkeit und Verfahren ergeben sich aus Art. 2.2 Ley 7/1995 und dem Decreto 93/1998, kürzlich geändert durch Decreto 17/2011. Eine Zusammenfassung zum Verfahren findet sich auf https://sede.gobcan.es/sede/procedimientos_servicios/trámites/996.