Verwaltungsrecht ist das Recht, an dem die öffentliche Verwaltung ihr Handeln auszurichten hat.
Die Verfahrensvorschriften (Verwaltungsverfahren) bestimmen, wie es zu einer Behördenentscheidung kommt, die Sachvorschriften (z. B. Baurecht), welchen Inhalt sie hat.
(FG München IMR 2020, 119)
Wer nicht in seiner Spanienimmobilie wohnt, gibt in Spanien seine deutsche Adresse an. Bei Banken, Behörden, dem Finanzamt.
Und die stellen dennoch Bescheide unter der Adresse der Spanienimmobilie zu.
Wissend, daß man dort nicht wohnt.
Problem: Wer nicht dort wohnt, dem kann nicht dort zugestellt werden.
Also stellen die öffentlich zu. Ersatzzustellung durch Veröffentlichung im Boletín.
Wissend, daß das kein Mensch liest.
Problem: Die Ersatzzustellung ist wirksam. Aber der Adressat weiß nichts davon. Er kann nichts dagegen unternehmen. Unverschuldet versäumt er alle Fristen. Der spanische Bescheid wird bestandkräftig und kann in Deutschland vollstreckt werden. Anlässlich der Vollstreckung erfährt der Betroffene erstmals, daß in Spanien ein Bescheid gegen ihn erging.
Das verletzt das Grundrecht auf rechtliches Gehör, so das Finanzgericht München.
Der Betroffene stehe rechtlos da. Öffentlich zustellen, bei bekannter deutscher Wohnanschrift, verstoße gegen den „ordre public“, die öffentliche Ordnung.
Das tut nicht gut.
Das deutsche Finanzgericht erklärt die Vollstreckung daher für unzulässig.
Das tut gut.
Big Brother: Videoüberwachung des eigenen Grundstückes
(EuGH, Urt. vom 11.12.2014, C-212/13)
Wer eine Finca hat, der hat oft auch
- eine hohe Mauer,
- einen scharfen Hund,
- ersatzweise ein Schild, das vorgibt, man habe einen solchen, und
- eine Video-Überwachungsanlage.
Die Videoanlage ist in Ordnung, solange die Kameras ausschließlich das eigene Grundstück erfassen und öffentlichen Raum aussparen. Videokameras auf der Grundstücksmauer müssen nach innen gerichtet sein. Sie dürfen nur den Bereich diesseits der Mauer abbilden. Andernfalls droht Post aus Madrid. Die spanische Datenschutzbehörde (Agencia Española de Protección de Datos, AEPD) übersendet allerlei Hinweise und fordert zur Stellungnahme auf um sodann über die Einleitung eines Bußgeldverfahrens zu entscheiden.
Was ist mit der Kamera, die bei Betätigen der Türklingel einschaltet und den Eingangsbereich überwacht? Meist erfaßt sie zwangsläufig auch den öffentlichen Bereich des Bürgersteigs vor dem Hauseingang.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beurteilt das streng. Videoaufzeichnungen von anderen Personen sind personenbezogene Daten und nur zulässig, wenn sie „ausschließlich persönlicher oder familiärer Art“ sind. Die Erfassung des Bürgersteigs vor dem Hauseingang gehört nicht dazu. Die Videoüberwachung ist insoweit unzulässig.
Und was, wenn das Gartentor zurückgesetzt ist, so daß die Kamera wirklich nur den eigenen Einfahrtsbereich abbildet, aber jeder Fremde der vor dem Tor steht, erfaßt wird?
Ist zulässig, so die AEPD, und stellt das Verfahren gegen den Grundstückseigentümer ein (AEPD Resolución Archivo de Actuaciones, 2015, E-05945-2014).
Und wenn die Kameras Attrappen sind?
Dann ist dies kein Fall für die AEPD. Wo keine Daten aufgenommen und gespeichert werden, scheidet ein Verstoß gegen Datenschutzgesetze aus.
Aber auch Attrappen können ein Überwachungsgefühl vermitteln. Dann können sie gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter verstoßen. Der so Beeinträchtigte hat eventuell einen Beseitigungsanspruch. Zuständig dafür sind die Gerichte, nicht die Datenschutzbehörden.
Unproblematisch ist nach gegenwärtiger Rechtslage ein Schild am Tor mit dem Abbild eines Hundes. Auch wenn der Vierbeiner darauf besonders grimmig schaut.
Wie sag´ ich´s: Einlassung im Ordnungswidrigkeitenverfahren
(Art. 135.3 LRJPAC)
Wer sich einem Ordnungswidrigkeitenvorwurf gegenüber sieht, hat das Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens zu verteidigen und Einwendungen zu erheben. Dabei das Richtige zu sagen, ist nicht immer leicht.
Ein Beispiel aus dem deutschen Verkehrsrecht. Der Autofahrer kommt von der Straße ab. Er verteidigt sich: „Der Schlaf hat mich übermannt (Trotz Scho-ka-kola). Ich kann nichts dafür. Ich kann folglich nicht bestraft werden.“
Die Behörde würde entgegnen: „Vielen Dank. (Jetzt wissen wir, daß Du schuldig bist). Schlaf kündigt sich an. Du hättest beim ersten Anzeichen eine Ruhepause einlegen müssen. Deshalb kannst Du sehr wohl etwas dafür. Du wirst mit Bußgeld belegt.“
Wie sag´ ich´s also? Kurz, Einlassungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren gehören in professionelle Hände. (Was angesichts exorbitanter Bußgelder gerade in Baurechts- und Tourismussachen selbstverständlich sein sollte).
Baugenehmigung durch Administratives Schweigen?
(Art. 23 RDL 8/2011, BOE 07.07.2011; zu administrativem Schweigen allgemein s. Rechtsgebiete, Verwaltungsrecht)
Entscheidet die Baugenehmigungsbehörde nicht binnen der Frist, in der sie kraft Gesetzes entscheiden müsste, gilt der Bauantrag nach Fristablauf als genehmigt. Jedenfalls im Grundsatz. Das Schweigen der Behörde hat, so sagt man, positive (= genehmigende) Wirkung.
Durch obiges Dekret hat der Gesetzgeber die positive Wirkung administrativen Schweigens für bestimmte baugenehmigungspflichtige Vorhaben erheblich eingeschränkt: Von Erdbewegungen und Grundstücksteilungen (auch dafür benötigt man eine Baugenehmigung!) bis eben hin zu den praktisch relevanten Neubau-Vorhaben.
Wie bei unlauteren Sonderpreis-Aktionen. Wo man die Vergünstigung am liebsten hätte, da gilt sie nicht.
Was aber tun, wenn die Behörde auch nach mehrmaligem Anmahnen nicht über den Bauantrag entscheidet? Die Erfahrung zeigt, daß ein sachlich gehaltener Hinweis auf die gesetzliche Haftpflicht der Behörde für Schäden aus verzögerter Sachbehandlung mitunter sehr zu Beschleunigung beiträgt (Art. 41 Ley 30/1992, de 26 de noviembre de Régimen Jurídico de las Administraciones Públicas y del Procedimiento Administrativo Común).
Administratives Schweigen (silencio administrativo)
Fall:
Die Behörde hat seit Monaten nicht über einen eingereichten Antrag entschieden, etwa einen Antrag auf Erteilung einer Vermietungserlaubnis nach dem kanarischen Tourismusgesetz (Art. 24. 2 Ley 7/1995)
Frage:
Was geschieht nun?
Lösungshinweise:
Ausgangspunkt ist die Pflicht spanischer Behörden, über jeden Antrag eines Bürgers förmlich zu entscheiden und ihm die behördliche Entscheidung in einem amtlichen Bescheid zuzustellen. Die Frist beträgt in der Regel drei Monate, außer die anwendbaren Gesetze bestimmen etwas anderes. Der Fristablauf kann gehemmt sein, etwa wenn der Antrag unvollständig war und vervollständigt werden muß oder während die Behörde Stellungnahmen anderer Behörden und Ämter einholt (Art. 42 Ley 30/1992, de 26 de noviembre, de Régimen Jurídico de las Administraciones Públicas y del Procedimiento Administrativo Común, LRJPAC).
Bleibt die Behörde untätig, obwohl sie entscheiden müßte, gilt der Antrag kraft administrativen Schweigens als stattgegeben -silencio positivo oder estimatorio-, außer die einschlägigen Gesetze bestimmen, daß er als abgelehnt gilt -silencio negativo oder desestimatorio- (Art. 43 LRJPAC). Im ersten Fall hat der Bürger Anspruch auf eine Bestätigung (certificado acreditativio), die die Behörde binnen 15 Tagen auszustellen hat.
Freilich gibt es Ausnahmen, bei denen administratives Schweigen von vornherein nicht gilt, etwa bei Petitionen, in der öffentlichen Leistungsverwaltung oder bei Übertragung von öffentlichem Vermögen. Oder es gibt Einschränkungen, etwa im öffentlichen Baurecht, dahin daß der beantragte Behördenakt geltendem Recht nicht widersprechen darf.
Das spanische Verwaltungsverfahrensgesetz LRJPAC ist damit, wie insgesamt, ein sehr modernes Gesetz. Kritik verdient aber die Vielzahl von Ausnahmen und die praktische Umsetzung durch Gesetzgeber der Autonomen Gemeinschaften sowie Verwaltungsbehörden. Sie weisen administrativem Schweigen oft und vor allem dort, wo es sich der Bürger anders wünscht, durch autonome Gesetze und Rechtsverordnungen ablehnenden Charakter zu. Hat Schweigen stattgebenden Charakter, holt die Verwaltung durchaus auch unnötige Stellungnahmen anderer Behörden ein, oder mehrere Stellungnahmen, diese aber nicht gleichzeitig sondern nacheinander, nur um den Fristablauf wiederholt zu hemmen. Selbst die juristische spanische Fachliteratur findet unüblich deutliche Worte und kritisiert solches Behördenverhalten als Betrug am Bürger.
Am Beispiel oben haben der kanarische Gesetzgeber (Art. 24.2 Abs. 3 Ley 7/1995) und ihm folgend die Regierung (Art. 30.2 Decreto 142/2010) bestimmt, daß der Antrag bei administrativem Schweigen nach drei Monaten als abgelehnt gilt.
Fristen
Fall:
Die Behörde setzt eine First von 10 Tagen, um Unterlagen beizubringen, Stellung zu nehmen, Einwendungen zu formulieren u.s.w.
Frage:
Wann endet die Frist?
Lösungshinweise:
Die Antwort hängt von drei Gesichtspunkten ab, nämlich
- Fristdauer
- Fristanlauf
- Fristablauf
Die Fristdauer hängt davon ab, wie die Behörde die Fristbezeichnet. „10 días“ sind, wenn nichts weiter dazu gesagt wird, „10 días hábiles“, also Kalendertage, ausgenommen Sonn- und Feiertage. Samstage zählen mit. Bei „10 días naturales“ zählen alle Tage mit.
Fristanlauf ist der Tag, der auf die Zustellung, Veröffentlichung u. s. w., um die es geht, folgt. Dies ist der erste Tag der Frist, von dem aus die Tage gezählt werden.
Beispiel: Zustellung eines Bescheides am 03.05.2010. Eine nach Tagen gesetzte Frist beginnt mit dem 04.05.2010.
Fällt das Fristende auf einen „día inhábil“ (Sonn- oder Feiertag), endet die Frist mit Ablauf des folgenden Werktages.
Beispiel: Zustellung eines Bescheides am 06.05.2010. Frist „10 días“. Fristbeginn 07.05.2010. Fristende rechnerisch 16.05.2010. Da dies ein Sonntag (día inhábil) ist, endet die Frist mit Ablauf des 17.05.2010.
In anderen Rechtsbereichen gilt mitunter ein abweichendes Fristverständnis.
Zustellfiktion
Fall:
Für den Kauf einer Finca benennt der in Deutschland wohnende Käufer gegenüber dem spanischen Finanzamt einen Zustellbevollmächtigten. Im Innenverhältnis unterläßt er es, ihn zu beauftragen, so dass dieser Zustellungen nicht annimmt.
Frage:
Wurde wirksam zugestellt?
Lösungshinweise:
Gemäß Art. 111 des Steuerverfahrensgesetzes(LGT) erfolgen Zustellungen des spanischen Finanzamtes an die Stelle, die der Steuerschuldner angegeben hat. Abs. 2 der Vorschrift lautet, daß die Zustellung auch als bewirkt gilt, wenn der Angegebene die Annahme verweigert. Die Wirksamkeit aller Zustellungen an den Benannten wird gesetzlich fingiert. Die Rechtsbehelfsfristen laufen an und ab und die zugestellten Akte werden bestandskräftig. Bestandskräftig heißt, sie können nicht mehr angefochten werden und sind gültig, selbst wenn sie inhaltlich falsch sein sollten.